Modular im Dachgeschoss: Eine Küche als Einbaublock
Aus der Box gedacht: Ein Multifunktionsquader aus Seekiefer schafft in Berlin-Neukölln zusätzliche Zimmer und Stauraum
Als das Bauherrenpaar die Dachgeschosswohnung in Neukölln kaufte, gefiel den beiden vor allem die Lage, der verschachtelte Grundriss allerdings weniger. Da erinnerte sich die Bauherrin, eine Französin, an ihre Schulfreundin Aude Soulain, die jetzt in Paris als Architektin arbeitet. Soulain war mit ihrem Büro Agence ASA Aude Soulain gerne bei der Planung behilflich und entwarf unter anderem eine kompakte Küchenbox, die viele Funktionen auf sich vereinigt und so eine Neuaufteilung der Wohnung möglich machte. Die Ausführungsplanung und Bauleitung übernahm Tai Schomaker, Berliner Architekt und Gründer von Do You Space. So entstand in deutsch-französischer Koproduktion eine großzügige Dachgeschosswohnung, deren unumstrittenes Highlight eine multifunktionale Einbaubox bildet.
„Ich unterstütze gerne Menschen aus dem Ausland, die in Berlin bauen wollen“, erklärt Schomaker. Der im Himalaja geborene und in Berlin ansässige Architekt hat eine französische Schulbildung und studierte auch in Frankreich. Neben Französisch spricht er Deutsch, Englisch und Italienisch. Bei dem Dachgeschossausbau in Neukölln kam es aber vor allem darauf an, die Berliner Schnauze zu verstehen. Denn anders als zu Beginn gedacht, waren nicht nur die Fähigkeiten eines Tischlers gefragt, sondern im Grunde fast alle Gewerke eines Hausbaus. Aus den ursprünglich zwei Räumen plus Küche und Bad wurden drei. Dafür mussten Wände weichen, an anderer Stelle errichtet werden, Böden neu verlegt und Wände verputzt werden.
VORHER: Lediglich die tragenden Wände und Holzstützen sollten stehen bleiben, so die Idee von Aude Soulain, die für die Entwurfsplanung verantwortlich zeichnete. An der Giebelwand hat Schomaker zudem die Gipskartonplatten entfernen lassen. „Sie hatten keine Dämmfunktion. Eine Ziegelwand bringt Patina in einen Raum“, so Schomaker. Allerdings war die Wand nicht ganz so schön wie erhofft und hatte einige mit Beton geflickte Stellen, wie sich nach dem Sandstrahlen herausstellte. Daher wurde die Beplankung zum Teil wiederhergestellt. Die Stützen haben aus Brandschutzgründen ihre Gipskartonummantelung behalten. Der Boden wurde komplett erneuert.
In den nun leeren, großen Raum hat Tischler Florian Glässel das zentrale Element der Wohnung gebaut: eine große Box, in der Küche, Waschmaschine, Technik, die Garderobe und viel Stauraum untergebracht sind. „Der Einbaublock ist ein wenig wie ein Schweizer Messer, so vielfältig“, sagt Schomaker schmunzelnd. Dem Bauherrn, hier im lilafarbenen T-Shirt, gefällt der Einbau sichtlich gut.
Die Garderobe öffnet sich zum Wohnzimmer hin. Links davon ist, wie durch ein Fenster, der Blick in die Küche frei.
Houzzbesuch: Ein Pilsstüberl wird zum Multikfunktions-Wohnwunder
Die Garderobe öffnet sich zum Wohnzimmer hin. Links davon ist, wie durch ein Fenster, der Blick in die Küche frei.
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„Die Bauherren kochen gerne. Doch wie die meisten Berliner brauchen sie keine Restaurantküche“, verrät der Architekt. „Wir haben uns einen aufwendigeren Abzug gespart“, erklärt Schomaker. Eine Umluftdunstabzugshaube genügte. Auf die Kosten hat Schomaker sehr geachtet, da nur ein begrenztes Budget zur Verfügung stand. „Normalerweise würde für solch einen Umbau ein Generalunternehmer beauftragt werden. Wir haben aber unabhängige Handwerker beauftragt, um immer den besten Preis zu bekommen. Das ist aufwendiger, doch insgesamt ist die Kostentransparenz höher und die Qualität auch“, sagt der Architekt.
Die Küche ist wie der gesamte Einbaublock Maßarbeit. „Die Bauherren wollten in den Block eigentlich eine Ikea-Küche stellen“, so Schomaker. Doch eine Standardküche passte nicht in den maßgefertigten Quader. So hat auch hier der Tischler Hand angelegt und eine passgenaue Küche nach den Plänen der Architekten eingebaut. Die Fronten sind aus schwarz beschichtetem Furniersperrholz. Sie bringen durch ihre glatten Flächen Ruhe in den Raum. Die an den offenen Regalen sichtbare Verkleidung aus Seekiefer und vor allem der Boden bilden einen lebhaften Kontrast dazu.
Aude Soulain schlug die zweifarbigen Zementfliesen von Via vor. „Die einfachste Lösung wäre gewesen, überall Parkett zu verlegen. Doch die Bauherren waren von den eleganten Fliesen überzeugt. Wir haben dafür den alten Boden entfernt, Estrich gegossen und darauf dann die Fliesen gelegt. Das war ein erheblicher Aufwand, der kurzfristig das Budget doch sehr belastet hat. Aber langfristig wird es sich lohnen“, sagt Schomaker.
Aude Soulain schlug die zweifarbigen Zementfliesen von Via vor. „Die einfachste Lösung wäre gewesen, überall Parkett zu verlegen. Doch die Bauherren waren von den eleganten Fliesen überzeugt. Wir haben dafür den alten Boden entfernt, Estrich gegossen und darauf dann die Fliesen gelegt. Das war ein erheblicher Aufwand, der kurzfristig das Budget doch sehr belastet hat. Aber langfristig wird es sich lohnen“, sagt Schomaker.
Die Wertsteigerung der Wohnung durch die Einbaubox ist erheblich. Denn durch sie ist ein zweites Schlafzimmer und viel Stauraum entstanden. Die Ecken hat der Tischler auf Gehrung gearbeitet, und das ist nicht die einzige Finesse: Die Tür, die Kinderzimmer und Wohnraum voneinander trennt, ist am Einbaublock befestigt und sollte bündig mit diesem abschließen. Allerdings gibt es eine Dachschräge, die beim Türbau berücksichtigt werden musste. Tischler und Architekt haben das Problem letztlich so gelöst, dass das Türblatt oben angeschrägt wurde und der Einbaublock eine dreieckige Verkleidung im oberen Bereich bekam. So schließt sie bündig, und die Quaderform des Blocks bleibt dennoch erhalten.
„Für die aufwendige Arbeit waren die Kosten wirklich sehr niedrig“, sagt Schomaker. Dazu hat auch das Material beigetragen. Furniersperrholz aus Seekiefer wird gerne verwendet, um kostengünstig Kisten zu bauen. Wegen seiner starken Maserung ist das Holz im Innenausbau sehr prägnant.
„Für die aufwendige Arbeit waren die Kosten wirklich sehr niedrig“, sagt Schomaker. Dazu hat auch das Material beigetragen. Furniersperrholz aus Seekiefer wird gerne verwendet, um kostengünstig Kisten zu bauen. Wegen seiner starken Maserung ist das Holz im Innenausbau sehr prägnant.
Schubfächer mit Eingriffen und Türen mit einem Push-to-open-Mechanismus sind flächenbündig gearbeitet.
Die zweite Tür im Kinderzimmer führt ins Elternschlafzimmer. Auch hier wird der Block als Schrank genutzt. Eine Schiebetür, die darin verschwinden kann, trennt den Raum vom Wohnzimmer. Die Kiste lässt sich in der Wohnung komplett umrunden.
Die zweite Tür im Kinderzimmer führt ins Elternschlafzimmer. Auch hier wird der Block als Schrank genutzt. Eine Schiebetür, die darin verschwinden kann, trennt den Raum vom Wohnzimmer. Die Kiste lässt sich in der Wohnung komplett umrunden.
„Es war eine sehr angenehme Zusammenarbeit. Der Bauherr (im Bild) war von der Arbeitsweise des Tischlers begeistert. Die Flexibilität, Liebe zur Arbeit und Zufriedenheit des Selbstständigen gefielen ihm so sehr, dass er sich selbst ebenfalls beruflich neu orientierte und jetzt Crêpes nach einem alten bretonischen Rezept der Großmutter seiner Frau herstellt. In seinem eigenen Laden.“
IM ÜBERBLICK
Der Grundriss zeigt die Position des Einbaublocks in der Mitte des Raums. Der Bestand ist in Grau dargestellt, rosafarbene Linien markieren die Einbauten. Das Bad liegt gleich neben dem Eingang.
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Der Grundriss zeigt die Position des Einbaublocks in der Mitte des Raums. Der Bestand ist in Grau dargestellt, rosafarbene Linien markieren die Einbauten. Das Bad liegt gleich neben dem Eingang.
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Hier wohnt: eine junge Familie mit Kind
Auf: 75 Quadratmetern
In: einer Dachgeschosswohnung in Berlin-Neukölln
Entwurfsplanung: Aude Soulain, Agence ASA Aude Soulain, Paris
Ausführungsplanung und Bauleitung: Tai Schomaker, Do You Space
Nachher-Fotos (bis auf 4+9): Aya Schamoni