In der Berliner Maisonette einer Porzellandesignerin
Zwischen Prototypen, Vintagestücken und Holzbalken: So wohnt ein Designerpaar schlicht und stilvoll auf zwei Etagen
Wer bei einer Wohnung von Produktdesignern nur Geradlinigkeit und Minimalismus erwartet, kann sich in Berlin Friedrichshain eines Besseren belehren lassen. Statt der vorhersehbaren Designklassiker stehen hier charakterstarke Vintagemöbel und Eigenkreationen. Mittendrin: Spuren einer tiefen Leidenschaft für Esskultur, Geschirr und grobe Materialien. Wie das aussieht? Überaus harmonisch und vor allem gemütlich ohne Ende!
Auf einen Blick
Hier wohnt: Laura Görs (27) mit ihrem Freund, beide sind Produktdesigner
In: Berlin Friedrichshain
Auf: 54 Quadratmetern im Seitenflügel
Fotos: Franziska Land
Auf einen Blick
Hier wohnt: Laura Görs (27) mit ihrem Freund, beide sind Produktdesigner
In: Berlin Friedrichshain
Auf: 54 Quadratmetern im Seitenflügel
Fotos: Franziska Land
Seit über zweieinhalb Jahren wohnen die Produktdesignerin Laura Görs und ihr Freund nun schon unterm Dach des Seitenflügels in einem klassischen Berliner Mietshaus. Die gemütliche Maisonette, in der Vintage mit Ethnoelementen und Rustikalem gemixt wird, ist die erste gemeinsame Wohnung des kreativen Paares. Kennengelernt haben sie sich in Kiel während des Produktdesignstudiums. Görs arbeitete nach ihrem Bachelorabschluss bei Villeroy & Boch und Kahla Porzellan. Als sie sich dann entschied, ein Masterstudium in Berlin draufzusetzen und ihr Partner gleichzeitig in der Hauptstadt seinen Traumjob bekam, war klar, dass beide zusammenziehen würden.
Als das Paar die Wohnung einrichtete, rieten Freunde immer wieder, den Bereich am Fenster zur gemütlichen Fernsehecke zu machen. Doch allen gut gemeinten Ratschlägen zum Trotz war für die beiden Nordlichter klar, dass sie die schönste Ecke der Wohnung dem Essen widmen würden. „Wir verbringen am Tisch die meiste Zeit. Hier essen wir und sitzen mit Freunden zusammen. Meine Recherchen und Entwürfe passieren auf diesem Tisch; er ist mein Arbeitsplatz zuhause“, erklärt Görs.
Gläser: Laura Görs; Stempelkanne: Anrik, von Ikea; Blauweißer Porzellanbecher: Royal Copenhagen
Gläser: Laura Görs; Stempelkanne: Anrik, von Ikea; Blauweißer Porzellanbecher: Royal Copenhagen
Um dem Lieblingsplatz einen Farbtupfer zu verpassen und gleichzeitig den Bereich hervorzuheben, strich Görs mit ihrem Freund einen Teil der Wand dahinter blaugrau. „Wir wollten einen hellen Ton, der farbig, unaufdringlich und nicht zu kühl ist, damit er gut mit dem Holz von Tisch und Stühlen harmoniert“, sagt Görs. Die Kissen der DDR-Schulstühle, ein glücklicher Ebay-Fund, greifen den Farbton noch einmal auf, den Görs mit der Kieler Ostsee verbindet. Für den notwendigen Kontrast sorgen ein bunter Kelim und der Fünfzigerjahre-Cocktailsessel mit seinem smaragdgrünen Samtpolster, den Görs schon vor langer Zeit von ihrer Oma geschenkt bekam.
Sessel und Stühle: Vintage; Kelim: Ikea
Sessel und Stühle: Vintage; Kelim: Ikea
Ihren Sinn für Details lebt die Produktdesignerin in kleinen Arrangements aus, die sich an verschiedenen Stellen der Wohnung finden. Dass solche Stillleben nicht nur dekorativ, sondern auch praktisch sein können, ist nicht zu übersehen: So gesellen sich zu Kerzenständern und frischen Blumen auch Salz- und Zuckergefäße, durch eine Fliese optisch zusammengefasst.
Vase und goldenes Salzschälchen: Laura Görs; Zuckerdose: Five Senses Zuckerhut, Kahla Porzellan
Vase und goldenes Salzschälchen: Laura Görs; Zuckerdose: Five Senses Zuckerhut, Kahla Porzellan
Ein Blick nach oben lohnt sich ebenfalls. In luftiger Höhe, kurz vor der Zimmerdecke, entdeckt man ein Kupferrohr als Gardinenstange. Dieses schnelle Readymade hat sich Görs Freund von seiner Schwester abgeguckt – eine simple Idee mit großem Wow-Effekt.
Interior Maisonette Berlin - Friedrichshain
Nur einen Meter davor baumelt die nackte Glühbirne mit Kupferfassung an einem alten Seilzug. „Was so leicht aussieht, ist tatsächlich super schwer. Der Vater meines Freundes hat uns die Umlenkrolle aus Vollholz auf einem Flohmarkt ergattert. Sie stammt vermutlich von einem Segelboot und steht nun symbolisch für unsere gemeinsame Zeit in Kiel“, sagt Görs. „Um im Bild vom Seilzug zu bleiben, haben wir extra ein naturfarbenes Textilkabel angeschlossen.“
Mindestens genauso wichtig wie ausgiebiges, genüssliches Essen am Tisch ist der gebürtigen Braunschweigerin dessen Zubereitung – sozusagen die kulinarische Produktgestaltung. Ihr Interesse für Koch- und Tischkultur ist so groß, dass sie die Arbeit in der Küche zur Grundlage ihrer Entwürfe in Glas, Keramik oder Porzellan macht. Wen wundert es da, dass die Küche für Görs der zweitwichtigste Ort der Wohnung ist?
Dort hält sie es ganz wie der namenhafte Designer Otl Aicher, der findet, dass „Die Küche zum Kochen“ da sei (so der Titel seines berühmten Buches), eine Art Werkstatt aus Lebensmitteln, Geräten und Geschirr. „Hier alles unterzubekommen und gleichzeitig schnell erreichbar und übersichtlich zu halten, war die größte Herausforderung beim Einrichten der gesamten Wohnung“, sagt Görs.
Dort hält sie es ganz wie der namenhafte Designer Otl Aicher, der findet, dass „Die Küche zum Kochen“ da sei (so der Titel seines berühmten Buches), eine Art Werkstatt aus Lebensmitteln, Geräten und Geschirr. „Hier alles unterzubekommen und gleichzeitig schnell erreichbar und übersichtlich zu halten, war die größte Herausforderung beim Einrichten der gesamten Wohnung“, sagt Görs.
Aichner schieb 1982 in seinem Küchenbuch, der Adel einer Küche liege nicht in ihrer Aufgeräumtheit, sondern in ihrer Verfügbarkeit. Nach diesem Motto verzichteten Görs und ihr Freund auf Oberschränke und halten Wichtiges immer griffbereit. Außerdem bleibt so Raum, den besonderen Charme von Holzbrettern, Küchenwerkzeug und luftgetrockneter Salami zur Geltung zu bringen.
Man sieht es jedem Winkel der Küche an: Hier wird nicht einfach nur Essen zubereitet, hier wird mit Lebensmitteln und Genuss gewohnt. Kohl nach Kimchi-Art, klassisches Sauerkraut oder Salzzitronen: Designerin Görs bereitet alles zu und macht in großen Einmachgläsern den Prozess sichtbar. Zwischen den anderen Küchenutensilien stechen die gefüllten Gläser deutlich hervor.
Porzellankrug und Stövchen: Kahla Porzellan; Einweckglas: Ikea
Porzellankrug und Stövchen: Kahla Porzellan; Einweckglas: Ikea
Görs widmet sich in ihrer entwerferischen Arbeit der Gestaltung von Glas- und Porzellanprodukten, die besondere Esstraditionen untersuchen. Erste Prototypen für Wodkagläser, Kaviarschalen oder auch kleine Porzellanbecher oder Glasvasen verteilen sich in Küche und Wohnbereich.
Glasvase, Porzellanbecher und Wodkaglas mit Bodeneis: Laura Görs; graue Glaskaraffe: Ikea
Glasvase, Porzellanbecher und Wodkaglas mit Bodeneis: Laura Görs; graue Glaskaraffe: Ikea
Apropos Wohnbereich: Gegenüber dem Esstisch beschert eine kuschelige Sofazeile den beiden Bewohnern gemütliche Abende. Das Sitzmöbel ist wie kein Zweites: Aus der Porzellanfabrik ihres Arbeitgebers hat Görs sechs Holzpaletten bekommen, auf die exakt ein Futon passte…
Vom Sofa zum Bett: So kann man ein Palettenbett selber bauen
Vom Sofa zum Bett: So kann man ein Palettenbett selber bauen
…et voilà! Heraus kam das eigene Palettensofa, das die Nische unter der Holztreppe ausfüllt, als wäre es maßgeschreinert. Für die volle Portion Gemütlichkeit sorgen unzählige Kissen, darunter eines im Ethno-Style, das Görs’ Schwester aus Thailand mitbrachte. Ein Volltreffer, denn wie schon beim Kelim sichtbar wird, hat die Produktdesignerin eine Vorliebe für grobe, raue Textilien mit aufwendigen Webmustern.
Schwarz-weiß-gemustertes Kissen: Stockholm, von Ikea; Beistelltisch und Futon: Monoqi; Poster: Landscape Nr.°31” von Typealive, via Juniqe
Schwarz-weiß-gemustertes Kissen: Stockholm, von Ikea; Beistelltisch und Futon: Monoqi; Poster: Landscape Nr.°31” von Typealive, via Juniqe
Vom Wohnbereich führt die massive Holztreppe ins Dachgeschoss der Wohnung.
Oben angekommen eröffnet sich ein großzügiger Dachgeschossraum. Seit dem Einzug hat er sich völlig verändert. Wo früher zwei Schreibtische unter den Dachfenstern standen, dominiert heute ein großzügiges Doppelbett den Raum. „Nun ist es hier oben am gemütlichsten und ich kann mir kein schöneres Aufwachen vorstellen als mit Morgenlicht im Fenster“, verrät die Designerin.
Den Dachbalken inmitten des Raumes hat das Paar zum Anlass genommen, hinter dem Bett eine Nische abzutrennen und sie als begehbaren Kleiderschrank zu nutzen. Den täglichen Outfit-Check sichert ein Triptychon-Spiegel, der einst Teil einer Kommode war.
Kissen: H&M Home, Bettgestell: Ikea, Klemmspot am Bett: Hektar, Ikea
Den Dachbalken inmitten des Raumes hat das Paar zum Anlass genommen, hinter dem Bett eine Nische abzutrennen und sie als begehbaren Kleiderschrank zu nutzen. Den täglichen Outfit-Check sichert ein Triptychon-Spiegel, der einst Teil einer Kommode war.
Kissen: H&M Home, Bettgestell: Ikea, Klemmspot am Bett: Hektar, Ikea
Das Nachtschränkchen – ein weiteres Geschenk von Görs’ Großmutter – macht sich in direkter Nachbarschaft zum Dachbalken gut. Als Kind sammelte Görs alles, was mit Katzen zu tun hatte: „Die schlafende Katzenfigur hatte ich als Sechsjährige in Dänemark entdeckt und musste sie unbedingt kaufen.“ Sie ist allerdings eines der wenigen Überbleibsel ihrer einstigen Sammelleidenschaft: „Mein Freund sorgt dafür, dass ich nicht alles vollstelle“, sagt Görs lachend.
Leinenbettwäsche: H&M Home
Leinenbettwäsche: H&M Home
Gegenüber steht der Schreibtisch von Görs’ Freund, an dem er seiner Leidenschaft für elektronische Musik nachgeht. Seinem Ordnungs- und Techniksinn setzt sie einen Gruß aus der Natur entgegen – mit Keramiktopf und Affenbrotbaum.
In unserer Rubrik „Houzzbesuch“ stellen wir spannende Projekte der Houzz-Experten vor, aber auch originelle Wohnungen von Privatleuten. Ihr Projekt oder Ihr Zuhause passt perfekt? Dann schreiben Sie uns – und schicken Sie am besten ein paar Fotos mit!
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